Je mehr Hunger oder Durst, desto schneller macht sich das Großhirn im Meeting vom Acker und all die großartigen Pläne und Denkstrategien die wir mit unserem Neocortex im Arbeitsalltag so dringend brauchen sind perdu.
Aber ganz von vorne: das menschlichen Gehirn hat evolutionär jüngere und ältere Regionen. Die älteste Region ist das Stammhirn, manchmal findet man es in der Literatur auch als Reptiliengehirn bezeichnet. Dieses Stammhirn sorgt dafür, dass wir das Atmen und Schlafen nicht vergessen und klopft regelmäßig bei Hunger und Durst an, um unser Überleben zu sichern. Die komplizierteren Dinge wie Emotionen überlässt es dem Limbischen System und das gesamte Denken und Planen großzügig dem evolutionär jungem Großhirn. Hier sind all die Dinge beheimatet, auf die wir Menschen so unglaublich stolz sind. Planung, Organisation, Kreativität. Nur, wenn unser Krokodil vor Hunger tobt und / oder wir uns angegriffen fühlen, dann wird das Großhirn Spazieren geschickt und wir schnappen nach allem. Das macht Denken und Lösungen entwickeln im modernen Arbeitsalltag garantiert nicht besser.
Finden wir uns damit ab, in jedem modernen Menschen steckt ein Urzeit-Krokodil. In den Mitarbeitern, in den Kunden und in den Führungskräften. Und dieses Reptiliengehirn sollten wir bei Laune halten, wenn wir durch unseren modernen Alltag unfallfrei kommen wollen.
Also muss die Frage lauten: Was sorgt dafür, dass wir im Meeting, egal ob offline oder online, weiter denken, zuhören und Ideen entwickeln können und dass das Stammhirn nicht das Ruder übernimmt?
Die erste Antwort ist ebenso einfach wie banal: Hunger und Durst vermeiden. Es gibt wenig effizientere Möglichkeiten, Menschen dumm zu machen als sie hungrig und durstig werden zu lassen. Machen Sie als Führungskraft mal eine ordentliche Mammutbesprechung, ohne dass Getränke oder ein paar Kekse auf dem Tisch stehen. Oder reihen Sie eine Online-Konferenz an die andere, ohne die Möglichkeit einer Pause dazwischen. Die erste Stunde wird kein Problem sein, aber spätestens am Ende der zweiten Stunde fängt die Stimmung zu kippen an und mit zunehmender Dauer des Meetings wird die Stimmung gereizter. Schauen Sie jetzt in die Runde oder auf die Bildschirmkacheln und Sie werden in den Augen Ihrer Gegenüber das ein oder andere Krokodil sehen. Auf dem Flur gehen derweil die zuständigen Großhirne spazieren und vertreiben sich die Zeit, bis aus ihren Besitzern im Panikmodus wieder normale Menschen geworden sind
Das Prinzip ist einfach: je deutlicher Hunger oder Durst, desto hartnäckiger werden die Forderungen des Stammhirns. Irgendwann plärrt das Krokodil im Kopf derartig laut, dass es dem limbischen System zu bunt wird, und es die Erlaubnis für einen temporären Machtwechsel und den Einsatz der Steinzeitkeule gibt. Das Großhirn mit all seinen Plänen kann sich jetzt vom Acker machen, es geht um die wirklich wichtigen Dinge des Lebens: ESSEN und TRINKEN.
Als Führungskraft sollte man also entweder dafür sorgen, dass die Meetings kurz sind, oder die Teilnehmer mit Getränken und ein paar Snacks versorgen. Das mag nach einem etwas biederen Tipp klingen, ist aber ein absolutes Basic der Mitarbeiterführung. Eine Menge schlechte Entscheidungen wurden schon getroffen, weil irgendjemand das Mittagessen ausfallen lassen musste, und eine Menge Streitigkeiten sind vom Zaun gebrochen worden, weil sich jemand im Unterzucker befand. Vermutlich sind in der Geschichte der Menschheit schon Kriege geführt worden, die sich vermeiden hätten lassen, wenn alle beteiligten eine ordentliche Mahlzeit im Bauch gehabt hätten. Im Englischen gibt es sogar ein eigenes Wort für die durch Hunger ausgelöste Aggressivität eines Menschen: man spricht dann davon, dass jemand „hangry“ sei – eine Wortmischung aus hungry (hungrig) und angry (verärgert).
Bei der Befriedigung unserer Basisbedürfnisse haben wir einfach nicht viel Luft. Hunger und Durst sind also absolute Verstandeskiller und ein Stammhirn lässt sich nur sehr bedingt trainieren. Neueste Studien besagen, dass gerade einmal zwei Prozent Flüssigkeitsmangel im Körper bereits nachweisbar unsere Konzentration und Energie schwächen. Wer zu wenig drinkt – egal ob die Person leibhaftig im Büro oder Meeting sitzt oder an der vierten Videokonferenz des Tages teilnimmt – bei dem schaltet das Großhirn auf Überlebensmodus. Wenig Denken, wenig Konzentration, viel Verwirrung.
Wenn Sie also das nächste Mal einen Kollegen oder Mitarbeiter sagen hören: „Mir raucht der Kopf“, wissen Sie was zu tun ist: Löschen!
Mehr zur Neurobiologie in der Führung gibt es in humorvollen Vorträgen, Teamworkshops oder Online-Trainings von Margit Hertlein und Dr. Alexandra Philipp.
Kontaktieren Sie uns: info@pulsorange.de